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Die Klinge in der Finsternis

Commander Schattensonne, der militärische Kopf der Expansion der Fünften Sphäre, Beschützerin des Nem’yar-Atolls, ist eine Insel der Ruhe in einem Sturm der Aktivitäten. Die Kommandodecks des Manta-Raketenzerstörers Einigende Hand wimmeln wie eine bork’anische Warenbörse an einem Tag der Gaben. Konturreiche Holokarten glühen, projiziert von schwebenden strategischen Drohnen, inmitten der kaltblauen Beleuchtung des Decks. Offiziere der Feuer- und der Luftkaste bewegen sich zwischen jeder dargestellten Kampfsphäre und fließen um die strategischen Drohnen, wie es der Kodex des Feuers verlangt. Die Offiziere tragen haptische Handschuhe, die es ihnen ermöglichen, mit den Holokarten zu interagieren, und Headsets zur strategischen Einbindung, deren semitransparente Augenlinsen Ströme aus Taktik- und Kommunikationsinformationen projizieren, um ihre Sichtfelder zu verbessern. Berater der Erd- und der Wasserkaste bewegen sich zwischen ihnen. Sie bieten ihren Rat im Namen des Höheren Wohls an. Niemand steht für mehr als einen Augenblick still. 

Niemand außer Schattensonne. 

So geduldig wie die Jägerin, die zu verkörpern sie gelernt hat, steht Schattensonne – O’Shaserra in der Sprache der T’au – im Zentrum von allem und überprüft Informationen. Sie trägt selbst Handschuhe und ein Headset; Als Oberbefehlshaberin dieser Schlacht um die Welt Astorgius muss sie augenblicklich bereit sein, um an jeder der Holokarten einzugreifen und Vorgaben zu machen. Doch es ist auch ihre Rolle, auf den Gezeiten der holistischen strategischen Aufklärung zu reiten, die auf den Kommandodecks wirbeln und sie mit dem größeren Krieg um das Nem’yar-Atoll verbinden. Wo ihre Stellvertreter Facetten sehen, muss sie das gesamte Bild sehen und ihre gesamten geschärften Instinkte als Kriegerin und Befehlshaberin einsetzen, damit es sich zum Wohl des T’au’va entwickelt. 

Eine Wolke aus Mikrodrohnen umkreist Schattensonne. Durch diese kleinen Helfer – ebenso wie durch den Datenstrom ihres Headsets und ihre Beobachtungen der Holokarten – liest O’Shaserra die Form der vielen Konflikte, mit denen sie sich befassen muss. 

Die Bürde ist gewaltig. O’Shaserra ist jedoch entschlossen, ihr gewachsen zu sein. Das Sternenreich hat so viel in sie investiert. Es ist ihre Pflicht, sich in jedem wachen Augenblick ihrer Existenz jenen Investitionen als würdig zu erweisen und des Vertrauens, das sie bedeuten. Das Höhere Wohl verlangt nicht weniger. 

Der Kampf wogt und fließt in glühenden Glyphen und dreidimensionalen topografischen Holokarten vor Schattensonnes Augen. Sie bemerkt eine zunehmende Konzentration der Streitkräfte der Gue’la – oder Menschen – um Wegpunkt Aufgehende-Sterne-Neun-Silber und übermittelt mit haptischen Gesten einer Mikrodrohne präzise strategische Anweisungen. Sie rast über das Kommandodeck, um sie zu überbringen. Neue Symbole entstehen auf der gewählten Holokarte, als das Display ihre Kommandoautorität akzeptiert, während KI ihre Befehle analysiert und dann überträgt. 

An den Rändern der Kampfsphäre murmeln mehrere ihrer Berater aus der Feuerkaste zustimmend. Weitere Mikrodrohnen schießen aus dem Schwarm über Schattensonnes Kopf davon, um Nachrichten zu Offizieren an Holodecks an anderer Stelle auf den Kommandodecks des Mantas zu tragen. Unten auf der Oberfläche von Astorgius ändert eine sich zurückziehende Kolonne imperialer Panzer ihre Richtung auf eine scheinbare Lücke in den umzingelnden T’au-Streitkräften zu. Sie haben Schattensonnes Köder geschluckt. Die vorgebliche Fluchtroute wird sie stattdessen in einen Hinterhalt durch drei separate Kader führen, schnell gefolgt von ihrer Kapitulation oder Auslöschung. 

„Shas’o, die Angelegenheit liegt noch vor uns.“ 

Die Stimme gehört Aun’el Vesh. Ihr ernstes Gesicht belegt eines der Kommunikationsfenster, die in Schattensonnes peripheraler Sicht schweben. Unter ihm schweben andere: Por’o Bork’an Dyesh vom diplomatischen Beschlusskader der Wasserkaste, Fio’el Elsy’eir Jolan von der Kollektivinitiative für militärische Wissenschaften der Erdkaste und der gertenschlanke Kor’el Kor’tal Thiy’un, der das Flottenkontingent der Sept vertritt. 

Praktisch mein eigener Elementarrat, denkt Schattensonne und genießt einen Anflug selbstironischer Erheiterung über den skandalösen – und offensichtlich lächerlichen – Gedanken. 

„Ihr habt recht, verehrte Aun“, sagt Schattensonne und formt die Geste des Feuerfächers. „Auch wenn viele Angelegenheiten meine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, muss die Angelegenheit von Volkus unter ihnen hoch eingestuft werden.“ 

„Vohl-kuss. Ein hässlicher Name“, bemerkt Por’o Dyesh von seinem Kommunikationsfenster und zieht seine absichtlich falsche Betonung in die Länge. 

„Ein imperialer Name“, antwortet Schattensonne. „Wir werden der Welt einen neuen geben, sobald sie uns gehört.“

„Aber wir müssen sie zuerst befrieden und zivilisieren“, sagt Fio’el Jolan. „Ich bin keine Soldatin, Shas’o, aber das scheint mir keine kleine Angelegenheit zu sein.“ 

„Du hast recht“, stimmt Schattensonne zu und denkt bei sich, dass die Gabe der Fio’el für Untertreibungen noch immer gut geschliffen ist. „Die Welt Volkus ist zentral für die Verteidigung des gesamten Kessandras-Systems durch die Menschen. Habt ihr alle die Geheimdienstberichte studiert über ihre … Waffe?“ 

Jeder der versammelten Anführer bestätigt mit einem Ton oder einer Geste. Schattensonne bemerkt, dass Fio’el Jolan unziemlichen Gefallen zeigt. Trotz all ihrer primitiven Natur müssen die technischen Geheimnisse der Superwaffe der Gue’la die Erdkaste faszinieren.

„Konventionelle Kolonisierung birgt ein zu großes Risiko, bleibt aber machbar“, sagt Kor’el Thiy’un mit einer entschuldigenden Geste der gezähmten Elemente. „Die Sept Kor’tal gedeiht, ist aber gegenüber Plünderern der Menschen und Orks noch verwundbar. Unsere Flottenelemente werden vollständig eingesetzt, um örtlich begrenzten Septraum zu patrouillieren, und sie werden noch immer durch die astrotelemetrischen Variablen gestört, die äußerst unvorhersehbar bleiben. Es wäre im Angesicht solch zerstörerischer Kraft extrem leichtsinnig, die Kor’vattra-Elemente einzusetzen, die wir haben.“ 

Schattensonne macht dem Luftkastenoffizier gegenüber eine beschwichtigende Geste. 

„Niemand hier erwartet das von dir, Kor’el. Das würde dem T’au’va schlecht dienen.“

„Bedauerlicherweise sind wir einer diplomatischen Lösung auch nicht näher“, sagt Por’o Dyesh mit meisterhaft moduliertem Tonfall, der Bedauern ausstrahlt, während er verdeutlicht, dass seine Position in dieser Angelegenheit unerschütterlich ist. „Welch abseitige Angebote wir auch unterbreitet haben, sie wurden kurzerhand mit einem ermüdend vorhersehbaren Erguss primitiver Aggression zurückgewiesen. Auch wenn ich für jene Menschen auf …“ Eine gesittete Pause, ein leichtes Zucken des Mundes vor Abneigung. „… Volkus weine, die sich der Erleuchtung gegenüber als geneigter erweisen könnten, ist die einfache Wahrheit, dass ihre Anführer störrisch sind. Ich werde keine Gesandten in die Lager von solchen Wesen schicken. Ich werde keine Leben fortwerfen.“ 

„Was ist mit den Fio?“, fragt die ernste Aun’el Vesh. „Bieten uns unsere Wissenschaften eine Lösung für diese Herausforderung?“

Fio’el Jolan blickt kurz getroffen drein, als sich die volle Aufmerksamkeit der Himmlischen auf sie richtet, doch sie erholt sich mit bewundernswerter Schnelligkeit. Ihre Geste ist die der halb errichteten Wand. 

„Die Kollektivinitiative für militärische Wissenschaften hat mehrere technologische Vorschläge erstellt, die Kor’vattra-Schiffen helfen würden, der Aufmerksamkeit der menschlichen Superwaffe im lokalen Volkus-Raum zu entgehen, zumindest für einige Zeit. Es beschämt mich jedoch, zugeben zu müssen, dass sie wahrscheinlich nicht ausreichen würden, um die Bedenken des Kor’el auszuräumen.“ 

Aun’el Veshs ruhiger Blick richtet sich auf Schattensonne. 

„Und doch spüre ich, dass diese Angebote für O’Shaserras Erfordernisse ausreichen, oder nicht?“ 

„Das werden sie, verehrte Aun“, sagt Schattensonne, ohne überrascht zu sein, dass die Himmlische bereits etwas von ihren Absichten erraten hat. „Wenn wir keine Vernunft einsetzen können und brutaler Gewalt auf dieselbe Weise und weit darüber hinaus begegnet wird, müssen wir stattdessen List einsetzen. Kleine Elitestreitkräfte auf den leichtesten und schnellsten Kor’vattra-Schiffen, die uns zur Verfügung stehen und die selbst mit erfahrenen Besatzungen versehen sein müssen. Ihre Mission wird sein, auf die Oberfläche von Volkus durchzuschlüpfen und einen Angriff auf die Superwaffe selbst durchzuführen.“

„Um ihren Einsatz zu sabotieren“, sagt Kor’el Thiy’un zustimmend. 

„Und vielleicht ihre Funktionsweise zu studieren?“, fragt Fio’el Jolan hoffnungsvoll. 

„Mit dem Segen der verehrten Aun wird der Angriff versuchen, beide dieser Ziele zu erreichen“, sagt Schattensonne. „Auf diesem Schlachtfeld müssen die Menschen die geduldigen Jäger sein und wir die Beute, die von ihrem Köder angelockt wird. Doch die Beute, die um die Gefahr weiß, kann selbst der Räuber werden. Wir werden in ihre Falle hineinschlüpfen und sie von innen heraus entschärfen.“ 

„Wen wirst du dafür schicken, O’Shaserra?“, fragt Por’o Dyesh und klingt neugierig. „Der inspirierende Wert eines solchen Sieges gegen die Superwaffe der Menschen wird groß sein. Er wird die Bande der Einheit und Entschlossenheit im gesamten Nem’yar-Atoll stärken!“ 

„Und nicht nur unter unserem eigenen Volk“, sagt Schattensonne. „Die Anwesenheit gewisser Verbündeter bei diesem Überfall würde seine Erfolgschancen erhöhen. Ich gebe vollständige Instruktionen per Mikrodrohnen aus. Es reicht für jetzt aus, zu sagen, dass wir T’au einen großen Schlag gegen Volkus führen werden und dass unsere verehrten Hilfskräfte der Schlüssel zu unserem Erfolg sein werden.“