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Almanach der Alten Welt – Fragerunde mit den Designern zur Bemalung der Miniaturen

Kurz vor der Veröffentlichung von Warhammer: The Old World hatten wir uns noch einmal hinter den Kulissen mit vielen der Menschen zusammengesetzt, die über die letzten Jahre für verschiedene Aspekte des Spiels zuständig waren. Unsere erste Diskussion ging in die feineren Aspekte des Hintergrundes, ehe wir in der zweiten Runde Fragen zur Kreation der Miniaturen und Heraldik hatten. Jetzt redet das ’Eavy-Metal-Team darüber, wie der Spagat zwischen Alt und Neu aussah, als sie für das neue Projekt Miniaturen bemalten.

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Was hat sich in den Jahren zwischen dem Ende von Warhammer Fantasy und dem Beginn von Old World verändert, und wie hat dies die Herangehensweise an das Malen beeinflusst?

Jonathan: Es haben sich nicht nur der Ansatz, die Techniken und die Werkzeuge für das Malen verändert, sondern auch die Qualität der Fotografie. Die Methode, mit der wir in den 90ern Fotos aufgenommen haben, war sehr anders. Die neuen digitalen Fotos sind viel heller und schärfer. Dadurch müssen wir auch einen höheren Standard für die Bemalung ansetzen. Die Miniaturen müssen klarer umrissen wirken, und der Fokus auf Details hat sich verstärkt. Hier war das Hauptziel, kräftige Farben zu nutzen, damit die Bemalung auch in einem großen Foto gut wirkt.

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Rowan: Es ist sehr interessant, wenn man sich Miniaturen über die letzten 10, 15 Jahre ansieht, und wie sich unser Hauptaugenmerk in dieser Zeit verschoben hat. Die alte Nekrosphinx war zu ihrer Zeit das Herzstück. Sie hatte im Vergleich zum Rest des Sortiments der Gruftkönige von Khemri viel mehr Texturbemalung. Der Stil der Zeit hat das noch zusätzlich hervorgehoben. Bei einer modernen Miniatur wie dem Knochendrachen muss man genauer hinsehen. Die Details sind noch immer da, aber sind nicht mehr so übertrieben. Er ist etwas subtiler und realistischer bemalt.

Dan H: Durch diese Veränderung der Prioritäten hat sich auch unsere Herangehensweise verändert. Bretonier sind zum Beispiel eine Fraktion, bei der wir mittlerweile drastisch anders an die Bemalung herangehen. Hier liegt der Fokus auf den Charaktermodellen, an denen wir die Ästhetik der Fraktion besonders gut hervorheben können.

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Für uns ist das eine ganz große Sache, so integral für diese spezifische Ära von Warhammer zu sein. Es ist eine gigantische Verantwortung, für solch ikonische Charaktermodelle wie einem Todesfürsten oder einer Maid auf Einhorn wie Élisse Duchaard verantwortlich zu sein. Diese Helden und Charakter-Archetypen erfreuen sich teils schon seit 20 Jahren größter Beliebtheit.

Holly: Und es ist ein gewisser Anteil eines Zukunftsblicks dabei. Wir müssen immer in Betracht ziehen, dass diese Welt vielen Menschen sehr wichtig ist – sowohl denjenigen, die in der Vergangenheit daran gearbeitet haben, als auch den Fans.

Versucht ihr euch am alten Stil zu orientieren oder die Grenzen möglichst auszureizen? 

Dan H: Wir wollen uns nicht einschränken. Wir können beispielsweise die Maid als eine Verkörperung unserer Absichten nehmen, ähnlich wie die Designer es bei dem Layout der Ritter des Königs zu Fuß gemacht haben. Wenn wir Bretonia zukünftig noch einmal ansehen, haben wir so ein noch stärkeres Fundament für weitere Arbeit gelegt.

Rob: Es ist immer das Ziel, die besten Ideen zu zeigen. Als wir die Maid auf Einhorn geschaffen haben, wollten wir die bestmögliche Version von ihr kreieren. Ebenso hat das ’Eavy-Metal-Team die bestmögliche Bemalung für sie geschaffen. Wir denken, dieses Ziel haben wir erreicht. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir uns nicht noch weiter verbessern können. Wir wollen uns immer selbst übertreffen.

Das Königreich von Bretonia hat jetzt ein sehr einheitliches Bemalschema. Könnt ihr hier erklären, wie ihr an die Bemalung der Fraktion herangegangen seid?

Kieran: Die Ritter zu Fuß waren ein guter Ausgangspunkt. Wir haben viel Zeit mit Überlegungen verbracht, wie wir die bereits existierenden Ritter Bretonias nehmen und ihr Bemalschema auf eine Art modernisieren konnten, die sie nicht gleich in Kontrast zum Rest des Sortiments stellt. Beinahe die gesamte Armee wurde von ’Eavy Metal und mehreren Armee-Bemal-Teams in den Farben von Herzog Gastille von Brionne bemalt. Das ist eine völlig neue Richtung.

Rowan: Wir haben hier die Grundlage für viele der Texturen, Farben und Konzepte geschaffen, als wir den Fürsten auf Königspegasus bemalt haben. Damit haben wir eine praktische Vorlage, von der wir weiterarbeiten können. Allerdings mussten wir noch überlegen, wie wir die Heraldik der anderen Miniaturen angehen würden, da durchaus erwartet wird, dass die Bretonier eine ganze Reihe von Farben und Mustern aufweisen.

Kieran: Diese Ritter passen nun dank der rot-schwarzen Heraldik von Herzog Gastille als eine einheitliche Kraft in die Reihen der Armee. Dennoch sind sie nicht alle gleich. Manche haben geviertelte oder Schachbrett-Muster auf ihren Schilden, andere tragen etwa Unterkleidung mit anderen Farben oder Mustern. Sie haben auch Heraldikelemente und kleine Schmuckstücke, die ihre persönliche Heraldik ergänzen und repräsentieren.

Rowan: Man kann mit diesen Elementen auch sehr viel erzählen. Manche der Ritter tragen Heraldik, die „unpassend“ zwischen ihren Gunstabzeichen, Schmuckstücken, Waffen und Helmen wirkt. Hier war der Gedanke, dass ihnen gewisse Gegenstände als Geschenke oder Belohnungen überreicht wurden, oder dass Waffen ein Erbe der Familie sein können. Ich finde, dass dies in Kombination mit den eigenen Abwandlungen der Heraldik eines Barons oder Herzogs ein wichtiges Element der eigenen Erzählung einer Armee ist.

Keiran: Ich finde auch, dass das neue Farbschema die Questritter und Gralsritter noch wichtiger werden lässt. Jetzt, da die Ritter des Königs als Ritter einer Baronie oder eines Herzogtums verankert sind, lässt das die farbprächtige, personalisierte Heraldik strahlen. Die Gralsritter sind durch ihre geheiligte Position noch zusätzlich erhoben.

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Rowan: Die alten Ritter zu sehen, war ein großer Schub Nostalgie. Viele dieser Miniaturen, die wir als Vorbild genommen haben, stammen noch aus der fünften oder sechsten Edition von Warhammer Fantasy Battle. Für viele von uns sind sie für immer mit der Zeit verbunden, als wir zuerst mit Warhammer in Verbindung kamen. Das ist schon ein wenig magisch. Aber als professionelle Maler können wir auch sehen, was die damaligen Strategien und Entscheidungen waren.

Élisse Duchaard ist eine überragende Figur mit passender Bemalung. Wie seid ihr an sie herangegangen?

Kieran: Wir mussten wirklich hart arbeiten, dass jedes der verschiedenen Elemente auf unterschiedliche Art bemalt war, obwohl das meiste den gleichen Farbton hat. Das Einhorn muss sich vom weißen Kleid unterscheiden, weil Pferdehaut nicht die gleiche Textur wie Stoff hat. Es ist jedoch Teil der gleichen Armee der Landsknechte, also haben wir diese magische Kreatur etwas realistischer gestalten müssen. Das haben wir mit den leicht schmutzigen Stirnhaaren und dem Dreck an den unteren Gliedmaßen geschafft. Außerdem haben wir das Maul leicht getönt, was ein wenig Realismus auf das Modell bringt.

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Anderswo haben wir uns auf ein sehr weiches, glattes Aussehen konzentriert, was mit Weiß gar nicht so leicht ist. Wir haben mit übertriebenen Schatten begonnen und diese dann mit Weiß lasiert, was sehr, sehr lange dauert. Damit wirkt die Haut beinahe durchsichtig und lässt die Farbe unter der Haut hervor schimmern. Alles an der Maid, sowohl Kleidung als auch Haut, wirken sehr weich, wodurch sie eine sehr magische Aura ausstrahlt.

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Der Stab ist ein Geschenk der Waldelfen und soll nicht wirklich zum Rest der Ausrüstung der Bretonier passen. Also haben wir uns die Miniaturen der Waldelfen angesehen, die ’Eavy Metal in den vorangegangenen Jahren bemalt haben, und haben darauf das andersartige, magische Aussehen aufgebaut.

Wie seid ihr die Gruftkönige von Khemri und den Nekrolith-Knochendrachen angegangen?

Rowan: Es sollte wenig überraschen, dass der Nekrolith-Knochendrache hauptsächlich aus Knochen besteht. Es gibt hier also nur wenig Spielraum, wie man das Bemalschema spannend halten kann.

Kieran: Wir haben viel über Knochen recherchiert. Wir wollten nicht einfach ein Rezept für alle Knochenteile entwerfen. Wir haben uns Kadaver und Knochen in verschiedenen Umgebungen angesehen, wie Knochen mit der Zeit abnutzen. Wie sehen frische Knochen im Vergleich zu Knochen aus, die vom Sand poliert wurden?

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Rowan: Diese Überlegungen haben wir auch auf das Base des Modells ausgeweitet. Es ist nicht das alte Standard-Base mit Sand, also haben wir einige Knochen entsprechend bemalt. Mit dem Dreck und den Abnutzungserscheinungen können wir die Umgebung reflektieren, in denen diese Knochen sich befinden.

Kieran: Die Modernisierung war ein sehr wichtiger Teil des Bemalprozesses für Old World. Eine der großen Veränderungen in der Art, wie ’Eavy Metal malt, ist die Glaubwürdigkeit und der eingebrachte Realismus. Natürlich muss man sich selbst eine Grenze setzen. Glauben wir einfach nur, dass es diesen gigantischen, untoten Drachen wirklich gibt, oder gehen wir noch diesen Extra-Schritt weiter und überlegen uns, wie die Elemente, die den Drachen bilden, von realistischen Umgebungsbedingungen beeinflusst werden könnten?

Rowan: Viel des Flairs von Old World kommt von der geerdeten, abgenutzten Ästhetik. Die Abnutzungserscheinungen an einer Miniatur sind sehr wichtig, besonders an Metallen. Wir haben auch hier viel recherchiert, wie Metalle sich in verschiedenen Umgebungen verändern.  Ein Teil der Glaubwürdigkeit ist die korrekte Darstellung der Metalle. Das heißt kein Rost an Gold, keine Oxidation an Stahl, solche Details. Lack ist ein schöner Fokus für die Armee der Gruftkönige, mit dem man Farbe einbringen kann. Wir haben also beim Knochendrachen den Gegensatz, dass der Drache näher am Boden farblos und abgenutzt aussieht, während die Sänfte einen polierten, farbkräftigen Kontrast bildet.

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Kieran: Für die Sänfte haben wir viel Detailarbeit leisten müssen. Es war ein Traum zu bemalen und hat Spaß gemacht, aber es war auch schwierig, das richtige Maß zwischen dem Fokuspunkt der Miniatur und dem abgenutzten Aussehen, wie etwa mit dem sonnengebleichten Stoff, zu finden. Das Konzept der Gruftkönige macht sie etwas statischer als andere Sortimente, da sie in ihren Traditionen und Philosophien erstarrt sind. Die Zeit ist jedoch unerbittlich voran geschritten, und das musste auch in der Bemalung präsentiert werden.

Der Drache selbst wurde so bemalt, dass er wirkte, als wäre er zur Zeit der Herrschaft der Gruftkönige noch am Leben gewesen. Diese Kreatur war Statussymbol für einen König und ist jetzt unter der Kontrolle eines Priesters des Totenkults. Vermutlich wurde der Drache mit dem toten König begraben, ehe er reanimiert wurde. Das sagt auch viel über die Geschichte von Nehekhara und zeigt noch eine Facette davon, wie die Gesellschaft funktioniert. Dies ist eine Gelegenheit, die Dinge etwas zu öffnen.

Rowan: Ein weiteres Element, in das wir uns eingearbeitet haben, sind die Hautreste an den Gruftkönigen. Auch wenn die Fraktion hauptsächlich aus sonnengebleichten Skeletten besteht, gibt es dennoch viel mumifizierte Haut zu bemalen, wenn man sich die Gruftkönige und Priester des Todes ansieht. 

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Kieran: Dazu gibt es auch schon Beispiele im Sortiment. Die alte Lade der Verdammten Seelen hat zum Beispiel einen bereits sehr realistisch wirkenden Fleischton.

Rowan: Das ist ein weiterer Fall, in dem wir uns überlegt haben, welche Welt diese Charaktere bewohnen. Was ist ihnen widerfahren, seit sie gestorben sind? Haut wird mit zunehmendem Alter ledrig, hellere Haut wird beinahe durchsichtig – das alles muss für das Nachleben berücksichtigt werden.

Kieran: Wir haben hier auch einige auffällige grüne Elemente, was das übernatürliche Aussehen zusätzlich verstärkt. Das haben wir neben allen anderen Überlegungen ebenfalls einzubauen versucht.

Rowan: Außerdem wollten wir etwas Kontrast haben. Die ganze Fraktion kann nicht rein aus Gold, Braun und Rot bestehen. Der Lack bringt ja auch beispielsweise Blau in diese Mischung.

Kieran: Es sieht alles übernatürlich und fantastisch aus, aber das ist genau das, was die Gruftkönige als Fraktion ausmacht. Das ist, was sie zu einem Teil von Warhammer macht.

Rowan: Schlussendlich zielte viel unserer Arbeit darauf ab, eine Verbindung zu den älteren Miniaturen zu erstellen, während wir gleichzeitig den Weg in die Zukunft ebnen. Das ist sehr heikel auszuwuchten.

Kieran: Hier gab es die Gelegenheit für uns, dass wir die lange Geschichte von Warhammer Fantasy ehren. Die Welt der Legende lässt uns Freiraum, die Dinge etwas anders anzugehen. Wir können die Identitäten der Fraktionen auf subtile Arten anpassen, und Teil dieses Prozesses zu sein ist wirklich fantastisch.

Es wird noch dauern, bis wir all diese neuen Informationen zum Malen verdaut haben! Danke an alle, dass wir so einen gründlichen Einblick in die Entscheidungen hinter dem Hintergrund, dem Design der Miniaturen und der Bemalung der Fraktionen für Warhammer: The Old World erhalten haben. Es gibt noch einige interessante Dinge, die nicht wirklich in einen der drei Artikel passen, also werden wir im nächsten Artikel noch einmal eine Auswahl informativer, interessanter Einblicke zusammenstellen!