Contrast-Farben gehören zu den vielen Werkzeugen im Arsenal des Bemalens. Wie auch jedes andere Werkzeug haben sie vielzählige Anwendungsbereiche und Feinheiten. Vom Lasieren, um eine Miniatur kampfbereit zu bemalen, bis hin zur Verwendung zum Tuschen, um Abnutzungserscheinungen zu malen oder Details hervorzuheben: Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Der spitzenmäßige Maler und Stammgast bei der Warhammer Community Vincent Knotley hat sich auf die Verwendung von Contrast-Farben spezialisiert und wir sprechen mit ihm über seine Erfahrungen.
Knotley: Ich habe ganz klein mit Contrast angefangen. 2019 habe ich eine Videoanleitung gesehen, in der gezeigt wurde, wie man Word Bearers zur Zeit der Horus-Häresie mit Flesh Tearers Red über einer Grundierung mit Leadbelcher bemalen kann. Danach habe ich die Farben hauptsächlich für bestimmte Einsatzgebiete behalten, wie farbige Metalle, Plasmaspulen, Hautfarbe, einfache weiße Rüstung und schattierte Metalltöne.
Direkt von Anfang an wurden Akzente viel leichter: Weil die Contrast-Farbe an der Miniatur entlangläuft und sich in den Vertiefungen ansammelt, kann ich genau sehen, wo an einem Goblinknie der punktuelle Akzent mit Straken Green gesetzt werden muss, ohne mir vorher andere Beispiele oder Theorien für einfallendes Licht ansehen zu müssen. Für menschliche Haut kann ich Darkoath Flesh und Akzente mit Kislev Flesh anstelle eines Fünf-Schritte-Programms nutzen. Grundierungen, Schattierungen und manchmal auch Lasuren mit ein bis zwei Schichten geben mir das beste Geschenk von allen: Zeit. Zeit für Akzente und Experimente mit neuen Mischungen und, am allerwichtigsten, Zeit, um noch mehr Miniaturen zu bemalen.
Die Dinge änderten sich extrem, als mir eine Box mit Auserkorenen des Chaos für einen Artikel für Warhammer Community zugesandt wurde. Ich wollte sie alle in verschiedenen, an Nurgle angelehnte Farbschemata bemalen, aber ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Nach ein paar Stunden, die ich mein Farbregal angestarrt habe, wollte ich ein schmutziges Weiß mit einem etwas düsteren Ton ausprobieren.
Ich habe zunächst Apothecary White, Gryph-Charger Grey und Ratling Grime auf einer Palette miteinander vermischt und habe direkt gefunden, wonach ich gesucht habe – in nur einer Schicht. Im nicht ganz weißen Ton konnte man dank Ratling Grime eine Spur Schmutz in tieferen Regionen sehen, Apothecary White hat die Rüstung hauptsächlich eingefärbt und Gryph-Charger Grey hat den Schatten einen gewissen blauen Hauch verliehen, der genau richtig aussah. Das hat den Knoten in meinem Kopf gelöst. Nach vielen Jahren, die ich damit verbracht habe, den Methoden anderer zu folgen, bin ich jetzt meinen eigenen Weg gegangen
Ich male jetzt so, wie ich es schon früher immer wollte, als ich endlose Stunden damit verbracht habe, mir sehnsüchtig Farbschemata in Codices und Regelbüchern anzusehen und mir wünschte, sie alle malen zu können. Jetzt IST es mein Hobby, fünf oder zehn Miniaturen in völlig verschiedenen Farbschemata zu bemalen. Es macht Spaß, es erfüllt mich und es hat seine eigenen spannenden Herausforderungen.
Ich brauche jetzt nur noch Minuten um ein bemaltes Beispiel zu dem Gedanken: „Wie sähe wohl ein Platt’nhelm der Orruks mit pinker Rüstung aus?” in der Hand zu halten, dem ich direkt Akzente setzen könnte. Wenn es funktioniert, super! Wenn nicht, habe ich mir die Zeit gespart, die einzelne Schichten und Schattierungen mich gekostet hätten.
Ich liebe die Intensität der Farben. Alles von den geradezu ätzenden Tönen von Mantis Warriors Green, über das kompromisslose Blau von Talassar Blue, bis zu dem unbestreitbaren Gelb von Imperial Fist (die perfekte Grundlage für gelbe Rüstungen in Kombination mit Casandora Yellow, nur so am Rande).
Benutze immer nur ein wenig, aber mehr als du denkst, dass du brauchst. Contrast-Farben sind kein Geschenk von Tzeentch, sondern Farben. Und sobald sie trocknen, sind sie viel weniger formbar. Wenn du zu wenig benutzt und dann später noch etwas hinzufügst, bevor es ganz trocken ist, beschädigst du die eben gemalte Schicht. Wenn du aber ein wenig mehr aufträgst, als du brauchst, und die übermäßige Farbe dann wegwischst (ein leicht feuchter Pinsel funktioniert am besten), wo sie sich sammelt, kannst du sicherstellen, dass die Farbe genau wie du willst und am richtigen Ort trocknet. Drück mit dem Pinsel nicht auf, als würdest du Squigs fischen. Berühre die Farbansammlung nur mit der Spitze des Pinsels und lass die Physik für dich arbeiten.
Wo wir gerade von Physik sprechen: Trage die Farbe, wenn möglich, in einem Bereich von oben nach unten in einer glatten Bewegung auf. So arbeitest du mit der Schwerkraft zusammen und musst dich nicht dagegen stemmen. Außerdem kannst du so sichergehen, dass jeder Bereich genau richtig ist, bevor du mit dem nächsten weitermachst. Contrast-Farbe trocknet zwar langsamer als andere Farben, aber sie trocknet und niemand will Farbränder mitten auf der linken Beinschiene seines Space Marines.
Contrast-Farben funktionieren am besten über hellen Grundfarben. Nimm Grey Seer, Wraithbone, White Scar oder sogar Zandri Dust, wenn dir nach etwas Besonderem ist. Die Farbe fließt von den Kanten weg, eine hellere Grundfarbe sieht man also besser durch die Schicht und die Schicht unter der Contrast-Farbe beeinflusst den Farbton mehr als bei traditionellen Farben.
Hab keine Scheu, deine Contrast-Farben zu mischen. Das kann und wird dir viele neue Wege eröffnen, deine Miniaturen zu bemalen. Es ist leicht, es macht jede Menge Spaß und kann dir (manchmal auch rein zufällig) genau die richtige Farbe für die Miniatur liefern, die du bemalst. Denk nur daran, deine Mischverhältnisse aufzuschreiben!
Und wenn wir schon von Mischverhältnissen sprechen: Contrast Medium ist dein Freund. Luxion Purple und Leviathan Purple zu mischen erzeugt ein wunderschönes mittleres Lila, das auf einer gesamten Einheit gut aussieht, aber auch sehr schnell trocknet. Aber mit einer kleinen Menge Contrast Medium kannst du dem entgegenwirken. Ich füge jeder Mischung, die länger als zwei Minuten auf meiner Palette bleibt, wenigstens einen Tropfen hinzu.
Der wichtigste Tipp ist aber, dass du die Farbe arbeiten lassen musst, sobald sie auf der Miniatur aufgetragen ist und natürlich nachdem du alle unschönen Ansammlungen entfernt hast. Ich weiß, das klingt recht einfach, aber dem Prozess zu vertrauen, statt daran herumzuwerkeln, benötigt Selbstkontrolle.
Es wäre wohl kein richtiger Artikel über Contrast-Farben, wenn ich nicht auch ein paar meiner Lieblingsfarben erwähnen würde. Magos Purple lässt jede Hautfarbe (oder auch andere Farben) viel lebendiger aussehen. Einen Teil davon mit zwei Teilen Darkoath Flesh zu mischen ist ein absolutes Erfolgsrezept für Hautfarben. Es ist auch hervorragend, um ungezogene Pink-, Lila- und sogar Rottöne zu zügeln.
Ich sollte auch das Arbeitstier Black Templar lobend erwähnen. Wenn man es im Verhältnis drei bis fünf zu eins mit Contrast Medium mischt, schattiert es Metalle genauso gut wie Nuln Oil und behält dabei ein leichtes Schimmern. Über Corax White angewendet, macht es Zähne, Klauen und sogar Augen zu bemalen leicht. Eine ganze Armee aus Sturmgeschmiedeten Ewigen, Space Marines oder Skaven in weißer Rüstung ist ein eindrucksvoller Anblick und Apothecary White erfüllt genau diese Aufgabe. Aber nicht nur das: Weil sich die Pigmente darin so besonders mit anderen Farben verbinden, lassen sich damit wundervolle Pastell-Effekte schaffen.
Wenn du weiße Rüstung mit blauer Schattierung malen willst, aber keine Stunden mit Tuschen verbringen willst, mische vier Teile Contrast Medium, drei Teile Apothecary White und einen Teil Gryph-Charger Grey. Setze Kantenakzente mit Corax White und Ulthuan Grey, wenn du noch einen obendrauf setzen willst. Und schon hast du super schnelle weiße Rüstung. Wenn es für den Löwen gut genug ist, soll es mir auch gut genug sein.
Danke Vincent! Nächste Woche hören wir noch mehr über Contrast-Farben von Warhipster. Bis dahin kannst du dir dutzende Bemalanleitungen für Warhammer-Miniaturen auf unserem offiziellen YouTube-Kanal ansehen.